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Faserfieber
Filzen - welche Fasern geeignet sind - welche Methoden gibt es
Zu Anfang wurde bereits angesprochen, was man mit Wolle so alles machen kann. Natürlich auch filzen. Die Wolle muß aber zum filzen geeignet sein. Mit einer Ausnahme - Nunofilzen: hier wird z.B. eine gewebte Struktur aus nichtfilzenden Fasern als Gerüst genommen, um Teile oder alles mit Filz zu belegen. Der Filz dringt dann auch durch das Gewebe und verbindet sich mit ihm - vorausgesetzt, es ist ein lockeres Gewebe. Doch zurück zu den geeigneten Fasern: Die Fasern sollten nicht zu kurz sein und möglichst stark gekräuselt und es sollten Tierfasern sein (siehe dazu auch das Kapitel "Tierfasern") oder, wer es ganz genau wissen möchte, sollte mal auf dieser Seite vorbeischauen. Angorawolle ist übrigens auch stark gekräuselt, aber so fein, dass man es nur im feuchten Zustand und vom Nahen sieht. Sie wird in der Hutmacherei gerne verwendet.
Zwar lassen sich auch kurze Fasern gut filzen (also Fasern unter 3-4 cm Länge; Ausnahme Angora - das geht in dem Bereich 2-6 cm sehr gut), der Filz ist aber nicht sehr fest und würde schnell reißen. Als z.B. Steppmaterial ist so ein Filz aber sehr gut geeignet, da er durch die Maschinennähte stabilisiert wird. Pflanzenfasern sind generell für das Filzen ungeeignet, weil sie die Eigenschaften von tierischen Fasern nicht haben. Man kann sie aber mit Tierfasern mischen und erhält so interessante Mischgewebe. Die Industrie hat es allerdings geschafft, auch eigentlich nichtfilzende Materialien zu Filzen zu verarbeiten. Das bedeutet in der Regel den Einsatz von Chemikalien, die die Oberflächenstruktur verändern.
Es kann nicht nur mit Schafwolle gefilzt werden, sondern auch mit Kamelhaar und Angorawolle und vielen anderen Fasern. Wichtigste Faustregel ist: je weicher und feiner das Material umso besser filzt es: Milchschafwolle war bei meinen Filzversuchen der glatte Reinfall, während Merinowolle der absolute Hit ist. Lange glatte haarähnliche Fasern lassen sich beispielsweise nur sehr mäßig filzen (Hundehaare z.B.), während Babykamelhaar oder Angorawolle sehr gute Filzeigenschaften hat. Oft kommen insbesondere bei den älteren Tieren beide Faserarten vor: ein weiche, feine, kurze Unterwolle und lange Grannenhaare. Während die Unterwolle sehr gut filzbar ist, muss man die Deckhaare entfernen, bevor man filzt, sonst schiebt man diese Fasern ständig vor sich her. Ganz extrem ist das bei Zackelschafen mit schwarzer Unterwolle und schwarzbraunem oder silbrigweißem langem Deckhaar (bis zu 30 cm lang!): bei den Lämmern kommt das Vlies schon als "fertiger Filz" vom Schaf. Daraus kann man sich dann wunderschöne Pelzkragen machen, indem man bei der Schnittseite eventuell etwas beim Filzen nachhilft, aber das spinnen sollte man vergessen. Bei dem Versuch, das Vlies auseinanderzurupfen kann man sich jedenfalls einen prima Tennisarm holen! (Ich habe es natürlich versucht...)
Ausserdem gibt es verschiedene Arten zu Filzen z.B. Nassfilzen, Nadelfilzen und das Walken. Natürlich kann man alle Methoden wunderbar kombinieren: z.B um die dünnen Stellen eines nassgefilzten Stückes trocken mit der Nadel auszubessern (anschliessend noch mal nass nachfilzen) oder eine trocken mit der Nadel gefilztes Stück nass nachzufilzen, damit es eine schöne Oberfläche hat.
Ich gebe zu, daß ich mit dem Filzen erst sehr spät angefangen hatte, als ich soviel Wolle gehortet hatte, daß ich nicht mehr wußte, wohin. Bei dem Thema fielen mir auch immer nur langweilige Pantoffeln, häßliche Hüte usw. ein. Bis ich eines Tages ein tolles Buch sah....
Aber eins nach dem anderen. Filzen ist toll - wenn
man das bekommt, was man wollte. Aber es kann auch gründlich daneben
gehen, weil das Gelingen von sehr vielen Komponenten abhängt. Man sollte
sich deshalb Zeit zur Vorbereitung nehmen und dem Material nicht
nachtrauern müssen, wenn es schiefgegangen ist.
Beim Nassfilzen darf man -fast- alles machen, was beim
Wolle waschen verboten ist! Denn das, was man sonst verhindern möchte, ist
ja beim Filzen gewollt:
Die Gründe, warum Wolle (ver)filzt sind vielfältig.
Wird Wolle in Wasser getaucht, saugt sie sich zunächst einmal voll, dabei
wird sie elastisch, dehnt sich aus - ein Grund, warum ein nasser Pullover
nicht an Wäscheklammern aufgehängt werden sollte. Er würde beim Trocknen
sehr viel länger werden und die Lage der Wäscheklammern dürfte sich exakt
bestimmen lassen. Wird in diesem Zustand sehr rasch abgekühlt und dabei
die Wolle bewegt, winden sich die Fasern umeinander und ziehen sich rasch
zusammen. Es entsteht Filz. Waschmittel verstärkt diesen Effekt, weil es
die Wolle schlüpfriger macht. Ist das Waschmittel alkalisch, wird aber
sogar die Wollstruktur angegriffen. Die feinen Schüppchen auf den
Wollhaaren stellen sich dadurch auf und liegen nicht mehr schön glatt an.
Dadurch verhaken sich die Fasern zwar besser, aber die Wolle wird auch
"kratzig". Das ist auch bei Filz meist nicht erwünscht.
Das wichtigste Mittel bei vielen Arten des Filzens ist also Wasser
(es muß nicht heiß sein) und Bewegung. Würde man aber einfach nur nasse
Wolle hin- und herbewegen, dann wäre das Ergebnis ein unebener Haufen. Um
eine bestimmte Form hinzubekommen, bedarf es schon ein paar Tricks.
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